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Zwei Zirkonoxid-Werkstoffe kombinieren geht nicht? Geht doch!

Zwei Zirkonoxid-Werkstoffe kombinieren geht nicht? Geht doch!

Willkommen in der faszinierenden Welt der Sinterkinetik. Ivoclar Vivadent beschäftigt sich schon lange mit dem Sinterverhalten von Keramiken im Allgemeinen und von Zirkonoxiden im Speziellen. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit fliessen kontinuierlich in Neu- und Weiterentwicklungen des Unternehmens ein und machen manchmal Dinge möglich, die bislang unmöglich erschienen. Das beste Beispiel hierfür ist IPS e.max ZirCAD Prime.

Die neue Vollkeramiklösung besteht aus den zwei Zirkoniumdioxid-Rohstoffen 3Y-TZP[1] (hochfestes Zirkoniumdioxid) und 5Y-TZP[2] (hochtransluzentes Zirkoniumdioxid). Bisher war es wegen der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften nicht gelungen, diese beiden Materialien so miteinander zu kombinieren, dass sich Werkstücke ohne Spannungen bzw. Verzüge beim Vor- und Dichtsintern fertigen liessen. Ivoclar Vivadent aber hat es geschafft, ein spezielles Verfahren zur Anpassung der Verdichtungskurven zu entwickeln – und hat es teilweise bereits patentiert. Jetzt ist dieses Verfahren wesentlicher Bestandteil der sogenannten Gradient Technology (GT), die das Herz von IPS e.max ZirCAD Prime darstellt.

Das ist die Gradient Technology

  1. Die Gradient Technology umfasst drei Prozessschritte in der Herstellung, welche die Kombination von 3Y-TZP sowie 5Y-TZP und damit die bemerkenswerten Eigenschaften von IPS e.max ZirCAD Prime ermöglichen.
  2. Eine ausgeklügelte Pulver-Konditionierung sorgt für die optimale Abstimmung der Rohstoffe in Bezug auf ihr Verdichtungsverhalten unter Berücksichtigung unterschiedlicher Farbzusammensetzungen. Daraus resultiert eine ausserordentlich hohe Passgenauigkeit.
  3. Die innovative Fülltechnologie liefert einen stufenlosen und schichtfreien Farb- und Transluzenzverlauf. So lassen sich hochästhetische Restaurationen mit einem schichtfreien Verlauf herstellen, vergleichbar mit dem des natürlichen Zahnes, trotz der erhöhten Transluzenzdifferenz zwischen Dentin und Schneide.
  4. Eine hochwertige Nachvergütung mittels Cold Isostatic Pressing (CIP) führt zu einer verbesserten homogenen Gefügestruktur innerhalb des Materials. Daraus resultieren zusätzlich eine höhere Transluzenz und sehr schnelle Sinterzyklen (2 h 26 min für Einzelzahnkronen im Programat S1 1600).

Quelle: Ivoclar Vivadent AG

Das beeinflusst das Sinterverhalten

Das Sinterverhalten von Keramiken wird durch viele Faktoren beeinflusst. Zu den materialabhängigen Parametern gehören z. B. chemische Zusammensetzung und, Pressverdichtung, aber vor allem Partikelgrösse, -verteilung, -struktur und -morphologie. Schon die Einfärbung eines Materialpulvers verändert seine Zusammensetzung und sein Sinterverhalten, denn der Hauptteil der färbenden Ionen wirkt wie ein Sinteraktivator. Daher bestand bereits bei der Entwicklung von sogenanntem Multilayer-Zirkonoxid, also Rohlingen mit verschiedenen Farbabstufungen, die Herausforderung, das Sinterverhalten der unterschiedlich gefärbten Schichten aufeinander abzustimmen. Anderenfalls käme es beim Vor- und Dichtsintern zu Spannungen und Verzügen, welche wiederum die Passgenauigkeit einer Restauration beeinträchtigen. Nicht nur unterschiedliche Rohstoffe als solche machen demnach eine Angleichung der Sinterkinetik erforderlich.

Das war die Herausforderung

IPS e.max ZirCAD Prime besteht zu über 60 Prozent aus dem hochfesten und klinisch erprobten 3Y-TZP. Dieser Werkstoff weist typische Festigkeitswerte von 1200 MPa auf und hat eine Bruchzähigkeit von 5 MPa m1/2. Durch das neue Herstellungsverfahren GT wird er in besonderer Weise mit dem hochtransluzenten Zirkondioxid-Rohstoff 5Y-TZP kombiniert.

Eine Verbindung von zwei Rohstoffen ist immer eine Herausforderung. Denn wenn diese eine unterschiedliche Sinterkinetik und unterschiedliche physikalische Eigenschaften aufweisen, kann das in mehreren unerwünschten Ergebnissen resultieren:

  • Die Materialien haben zwar einen guten Verbund, aber während der thermischen Verdichtung kommt es zu einer Verbiegung.
  • In der jeweiligen Schicht werden auf Grund der Verbiegung nicht die gewünschten Verdichtungsgrade erreicht, was die Endeigenschaften in der jeweiligen Schicht negativ beeinflussen kann.
  • Beim und nach dem Sintern unterscheiden sich die thermisch-physikalischen Eigenschaften der einzelnen Schichten derart, dass in den Zwischenschichten Fehler und Spannungen entstehen, die bis zur Delaminierung reichen können.
  • Nach dem Abkühlen bleiben thermische Restspannungen in dem "Multi"-Material, auf Grund thermisch-physikalischer Inkompatibilität.

Werden die Rohstoffe jedoch so angepasst, dass sie dasselbe Sinterverhalten zeigen und thermisch-physikalisch aufeinander abgestimmt sind, läuft der Sinterprozess homogen ab: Das Material verhält sich dann wie ein Monolith.

Das ist die Lösung

Die Dotierung eines Rohstoffs kann das Sinterverhalten beeinflussen. Es kann aber nicht verallgemeinernd gesagt werden, dass die Sinterkinetik von einem Material mit einem niedrigeren Anteil von Yttriumoxid im Vergleich zu einem Material mit höherem Anteil grundsätzlich verstärkt ist. Wie bereits erläutert spielen weitaus mehr Einflussfaktoren eine Rolle, insbesondere z. B. Primär- und Sekundärpartikelgrösse, Verdichtung und chemische Zusammensetzung. Üblicherweise sind die Partikel bei 3Y-TZP feiner und weisen eine höhere spezifische Oberfläche auf als bei 5Y-TZP. 

Beim Sinterprozess wird die hohe Oberflächenenergie reduziert. Je höher die spezifische Oberfläche ist, desto mehr Oberflächenenergie nimmt das System mit. Deshalb fangen Rohstoffe mit höherer spezifischer Oberfläche und niedrigem Yttriumoxid-Anteil schneller zu sintern an. Durch Zugabe weiterer Komponenten kann das Sintern aber darüberhinausgehend gesteuert, d. h. gezielt beschleunigt bzw. verzögert werden. Die Unterschiede im Schrumpfungsverhalten der beiden Zirkoniumdioxid-Rohstoffe in IPS e.max ZirCAD Prime werden durch das teilweise bereits patentierte Ivoclar Vivadent-Verfahren zur Anpassung der Verdichtungskurven ausgeglichen. Durch die optimale Abstimmung ist die Sinterkinetik der zwei Pulver während des gesamten Sinterprozesses im Kurvenverlauf so gut wie identisch. Die verwendeten Rohstoffe unterscheiden sich im Resultat nur noch durch ihre farblichen bzw. mechanischen Endeigenschaften. Der im Hinblick auf die Sinterkinetik hochentwickelte und kontrollierte Produktionsprozess führt dazu, dass Werkstücke aus IPS e.max ZirCAD Prime nach dem Sintern eine hervorragende Passgenauigkeit aufweisen.

Das macht IPS e.max ZirCAD Prime so besonders

Mit Zirkoniumdioxid-Rohlingen aus nur einem Rohstoff erreicht der Anwender schnell entweder das mechanische Limit (wenn eine gute Transluzenz bei verringerter Festigkeit vorliegt) oder das ästhetische Limit (wenn eine hohe Festigkeit bei geringer Transluzenz vorliegt). IPS e.max ZirCAD Prime hingegen bietet eine ideale Kombination: Die gewünschten Eigenschaften befinden sich genau dort in der Restauration, wo sie benötigt werden – hochfestes konditioniertes 3Y-TZP im Dentinbereich und hochtransluzentes konditioniertes 5Y-TZP im Inzisalbereich. 

Dabei liegt die geringere Festigkeit von 650 MPa dennoch über der von beispielsweise Lithiumdisilikat-Keramik, die sich immerhin bereits seit über zehn Jahren (für Einzelzahnrestaurationen sogar im Seitenzahnbereich) klinisch sehr erfolgreich bewährt hat. Mit IPS e.max ZirCAD Prime können entsprechend vollanatomische und (teil-)reduzierte drei- bis vielgliedrige Brücken für den Front- und den Seitenzahnbereich realisiert werden. Die neue Vollkeramiklösung hält der maximalen Belastung, die im unteren Bereich sowie im Bereich der Zwischenglieder entsteht, zuverlässig stand. Es sollte einfach darauf geachtet werden, dass sich die minimale Konnektorfläche innerhalb der hochfesten Dentinzone befindet.

Quelle: INFINIDENT Solutions GmbH

Das macht IPS e.max ZirCAD Prime zur wahren One-Disc Solution für verschiedenste klinische Situationen und Verarbeitungstechniken. Es vereint High-End-Ästhetik, hohe Festigkeit und Flexibilität in einer Scheibe. Das Material deckt damit eine sehr grosse Indikationsvielfalt ab und bietet darüber hinaus auch bei der Verarbeitung ein Maximum an Möglichkeiten.

Bei Fragen können sich interessierte Dentallabore oder Kunden gerne an unseren Zahntechnik-Support unter 06151-3961818 (auch per WhatsApp) oder via Email an service@infinidentsolutions.com wenden.


Der Artikel ist am 12. Februar 2021 im Blog der Ivoclar Vivadent AG erschienen. (Copyright: https://blog.ivoclarvivadent.c...)


Sämtliche Markennamen sind Eigentum des jeweiligen Herstellers.

[1] 3 mol-% Yttriumoxid-stabilisierte tetragonale Zirkoniumdioxid-Polykristalle (Y-TZP = yttria stabilized-tetragonal zirconia polycrystals)
[2] 5 mol-% Yttriumoxid-stabilisierte tetragonale Zirkoniumdioxid-Polykristalle (Y-TZP = yttria stabilized-tetragonal zirconia polycrystals), wird auch als 5Y-PSZ (partially stabilized zirconia) bezeichnet


Materialkarte: 
IPS e.max ZirCAD Prime

 

Über INFINIDENT
Die INFINIDENT Solutions GmbH ist der zentrale industrie- und laborunabhängige CAD/CAM- Dienstleistungspartner für Praxis- und Dentallabore in Europa. Durch einen 24h Produktionsprozess erhalten Labore einfach, schnell und kostengünstig Zugang zu industriell gefertigtem Zahnersatz. Mit modernsten CAD/CAM Technologien und validierten Prozessen fertigt die INFINIDENT Solutions GmbH Lösungen für Restaurationen, Arbeitsmodelle, herausnehmbaren Zahnersatz sowie die Versorgung von Implantatarbeiten. Als ehemaliges Tochterunternehmen von Dentsply Sirona verfügt INFINIDENT Solutions über die Kompetenz aus mehr als 30 Jahren dentaler CAD/CAM Erfahrung.