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Nachgefragt: Additive Fertigung in der Dentaltechnik

Nachgefragt: Additive Fertigung in der Dentaltechnik

Zweiter Teil: Wie funktioniert das Lasersinterverfahren?

Im ersten Teil der Reihe haben wir die Vorteile und Einsatzmöglichkeiten des Digital Metal Laser Sintering (DMLS) von nicht-edelmetallhaltigen Gerüsten für zahntechnische Labore und Praxen beleuchtet. Heute wollen wir uns noch einmal etwas näher der technischen Umsetzung widmen.

Abb. 1: Verschmelzen der einzelnen Bauteile im DMLS-Verfahren (Quelle: INFINIDENT)

Herr Hack, wie genau funktioniert denn jetzt das Lasersinterverfahren bei INFINIDENT?

Für die Herstellung von dentalen Werkstücken im Lasersinterverfahren müssen zunächst dreidimensionale Daten der Restauration (z.B. Gerüstkrone) digital vorliegen. Diese Daten werden grundsätzlich in den aktuellen CAD Softwareprogrammen der verschiedenen Anbieter wie inLab SW (Dentsply Sirona), Dental Designer (3Shape) und DentalCAD (exocad) generiert und zumeist in Form von offenen STL-Dateien gespeichert. Diese wird über eine Bestellplattform an INFINIDENT übermittelt.

Nach eingehender Eingangskontrolle wird die als 3D-Objekt vorliegende CAD-Konstruktion, unter Verwendung von Spezialsoftware, in eine Vielzahl von Schichten zerlegt, die dann im Herstellungsprozess Schicht für Schicht die gewünschte Geometrie erzeugt.

Abb. 2: Wertschöpfungskette des Laser-Sinterns (Quelle: EOS GmbH)

Werden diese Schichten dann auf einmal erzeugt?

Das wäre schön! Ganz im Gegenteil: bei diesem Verfahren wird eine kobalt-basierte Metall-Keramik-Legierung in Form von feinkörnigem Pulver zunächst mit Hilfe eines sogenannten „Recoaters“ gleichmäßig auf einer Bauplatte aufgetragen und im Anschluss durch einen 200W Yb (Ytterbium) Faser-Laser unter Schutzgas (N2-Stickstoff) schichtweise verschmolzen.

Nach Abschluss des Schmelzvorgangs wird die Bauplatte je nach vordefinierter Schichtstärke abgesenkt und die nächste Schicht entsprechend vorbereitet. Applikationsabhängig wird dabei mit unterschiedlichen Schichtstärken im 20 - 40µm Bereich gearbeitet. Dieses Verfahren wird daher als Direktes Metall-Lasersintern (DMLS) genannt. Dabei werden immer zuerst die Stützstrukturen (sog. „Supports“) erstellt, welche die Bauteile auf der Platte fixieren, bevor dann die eigentlichen Strukturen erzeugt werden. Es gilt: Je geringer die Schichtstärke, desto besser die Oberflächenqualität, jedoch desto länger ist letztendlich auch der Bauprozess (Baujob). Die theoretische Bauzeit liegt bei etwa drei Minuten je Bauteil.

In diesem automatisierten Prozess können auf diese Weise hochkomplexe Konstruktionen mit einer Materialdichte von nahezu 100 Prozent gefertigt werden, die mit konventionellen Verfahren wie Gießen oder Fräsen nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand herzustellen wären.

Was passiert danach mit den Gerüsten?

Im Anschluss an den Fertigungsprozess werden die lasergesinterten Bauteile zunächst von überschüssigem Pulver befreit. Danach werden die Bauplatten bei rund 800 Grad einer thermischen Nachbehandlung unterzogen. Beim sogenannten Spannungsfreiglühen werden eventuell aufgetretene Spannungen aus der Hitzeeinwirkung des Lasers weitgehend eliminiert. Im Anschluss werden die Teile von der Bauplattform abgetrennt und die Stützstrukturen von den Restaurationen entfernt.

Abb. 3: Lasergesinterte Brücke mit teilweise versäuberten Sintersupports (Quelle: EOS GmbH)

 

Abb. 4: NP SLM eco, supports getrennt (oben) und NP SLM, supports versäubert und sandgestrahlt (Quelle: INFINIDENT)

Bei der Modellgussapplikation erfolgt zusätzlich eine zweite thermische Nachbehandlung unter Vakuum, die zur Duktilitätsgewinnung der Klammerfedern (Federelastizität) dient. Abschließend werden die Teile konventionell manuell überarbeitet und abgestrahlt. Nach einer letzten Qualitätskontrolle können die Werkstücke dann verpackt und an den Kunden gesendet werden. Nicht verwendetes Metallpulver wird recycelt und dem Prozess erneut zugeführt.

Abb. 5: INDIVIDUAL PF hs (oben) und PF (unten) (Quelle: INFINIDENT)

Bestehen Einschränkungen?

An sich nicht, sofern man weiß mit dem Material umzugehen. Wie bereits beschrieben erlaubt das Lasersintern die qualitativ hochwertige und zugleich kostengünstige Fertigung von Zahnkronen und -brücken sowie Modellgussprothesen. Bei INFINIDENT können mit dem CoCr-Werkstoff NP SLM eco / NP SLM im Lasersinterverfahren Kronen- und Brückengerüste mit bis zu 16 Gliedern und INDIVIDUAL PF Modellgussprothesen hergestellt werden. Bedingt durch das Herstellverfahren weisen diese Gerüste allerdings zunächst eine rauere Oberfläche als gegossene Gerüste auf, was mit dem Prozess nicht vertraute Zahntechniker manchmal etwas verunsichert.

Gibt es bei der Weiterverarbeitung im Labor etwas zu beachten?

Die Weiterverarbeitung entspricht dann wieder weitestgehend der Vorgehensweise bei gegossenen Gerüsten. Hierbei sind bei der keramischen Verblendung zwingend die Vorgaben der jeweiligen Herstelller von Keramikmassen zu beachten.

Wie entwickelt sich die Technologie weiter?

Hier werden sich im Wesentlichen neue Anwendungsfelder entdecken lassen. Aufgrund der genannten Vorteile ist das Lasersinterverfahren auch für die Herstellung von implantatgetragenen Zahnersatz wie zum Beispiel einteiligen, individuellen Abutments oder Steg- und Implantatbrücken auf zwei oder mehr Implantaten interessant. Hier ist jedoch die notwendige Genauigkeit die das Lasersinterverfahren für die Passungsfläche des Implantats bietet unzureichend. Die maschinelle Nachbearbeitung die eine Passung von <10µm und die entsprechende Implantat-Anschlussgeometrie garantiert, kann nur mit Hilfe von hochwertigen CNC-Maschinen mit integrierter Sensorik zur Nullpunkterfassung und ausgefeilter CAM-Software die dem Industriestandard entsprechen umgesetzt werden. Diese Art von Hybridfertigung wird zunehmend von hochspezialisierten Fertigungsdienstleistern angeboten.

Abb. 6: INDIVIDUAL NP hybrid (Quelle: INFINIDENT)

Die erfolgreiche Umsetzung setzt aber ein ganzheitliches Verständnis für die digitale Fertigung sowie Automatisierung voraus.  

 

Vielen Dank für die Erläuterung. Wir freuen uns schon auf den nächsten Teil mit dem Fokus auf die Herstellung dentaler Arbeitsmodelle mit Hilfe der additiven Fertigung!

Weiter zu Teil 3: Modellherstellung und additive Fertigung (Verfügbar ab November 2020)