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Nachgefragt: Additive Fertigung in der Dentaltechnik

Nachgefragt: Additive Fertigung in der Dentaltechnik

Erster Teil: 3D-Druck im Lasersinterverfahren

Was noch vor einigen Jahren schwer vorstellbar erschien, ist heute – oftmals unter dem Label Industrie 4.0 – gelebte Realität geworden: die additive Fertigung. Kaum vergeht ein Tag an dem nicht von neuen, noch billigeren Druckern und spannenden neuen Anwendungen – von der Herstellung von Spielzeugen bis hin zum Druck von komplexen Geometrien aus Zuckerguss für die Gastronomie – berichtet wird.

Abb.1: Dentale Restaurationen auf Bauplatte (Quelle: EOS GmbH)

Dabei sind die aus dem Rapid Prototyping (zu Deutsch etwa „schneller Modellentwurf“) stammenden additiven bzw. generativen Verfahren in der Dentaltechnik bereits fast als alter Hut einzustufen. Denn dort ist das Prinzip des 3D-Drucks bereits seit vielen Jahren, z.B. in Form des Digital Metal Laser Sintering (DMLS) von Metalllegierungen, im Einsatz. Heute liegen die Anwendungen insbesondere in der kostengünstigen Herstellung von Restaurationen in Materialien wie Kobalt-Chrom, Titan, ausbrennbarem Wachs bis hin zu Goldlegierungen. In den letzten Jahren folgte dann, aufgrund der zunehmenden Verbreitung der intraoralen Abformung, verstärkt die Herstellung von präzisen zahntechnischen Arbeitsmodellen.

Bei INFINIDENT Solutions gehen die Anwendungsfelder der nicht mehr ganz neuen Technologie weit über die Herstellung von Kronen und Brücken hinaus. So werden zwischenzeitlich auch Modellgussprothesen, Stegreiter, Retentionsnetze sowie verklebbare Tertiärkonstruktionen umgesetzt. Ganz neu auch Apparaturen für die Kieferorthopädie und ab Oktober im Hybridverfahren hergestellte Implantataufbauten.

Abb. 2: Thomas Hack erklärt die Vor- und Nachteile der additiven Fertigungstechnologie (Quelle: INFINIDENT Solutions GmbH)

Über die Vorteile und Einsatzmöglichkeiten des Digital Metal Laser Sintering (DMLS) von nicht-edelmetallhaltigen Gerüsten für zahntechnische Labore und Praxen sprechen wir mit Thomas Hack, dem geschäftsführenden Gesellschafter der INFINIDENT Solutions GmbH. In den nächsten Beiträgen wollen wir dann näher die technischen Besonderheiten dieser Technologie sowie weitere additive Fertigungsverfahren beleuchten. Bleiben Sie gespannt!

Herr Hack, was können wir uns unter dentalem 3D-Druck vorstellen?

Ganz einfach erklärt, handelt es sich beim 3D-Druck um ein additives oder auch generatives Schichtbauverfahren. Hierbei werden die dreidimensionalen Daten einer Konstruktionsdatei (zumeist STL) zunächst in eine Vielzahl von Schichten zerlegt. Aus diesen wird dann additiv mittels Laser Schicht für Schicht die gewünschte Geometrie erzeugt. Dabei bringt die neue Technologie wichtige Vorteile mit sich.

Abb.3: Funktionsprinzip des Laser-Sinterns (Quelle: EOS GmbH)

Welche Vorteile sind das?

Ein wichtiger Vorteil im Vergleich zu subtraktiven Verfahren ist die Geometriefreiheit bei der Umsetzung einer CAD-Konstruktion. Über die 3D-Druckverfahren können komplexe Strukturen und die daraus resultierenden nicht fräsbaren Bereiche detailgetreu wiedergegeben werden. So ist es zum Beispiel möglich, dass bei einer Brücke die Zahnzwischenräume bis ins Kleinste reproduziert werden können, obwohl selbst kleinste Fräser eine 5-Achs-CNC-Maschine nur bedingt die gewünschte Form „freiarbeiten“ können. Auch extreme dentaltechnische Designs unterliegen hierbei keiner Limitation bezogen auf die Bauhöhe.

Ein anderer Blickwinkel: das Thema Materialverlust ist neben den Kosten für Werkzeug- und Maschinenverschleiß beim subtraktiven Fertigen ein oftmals unbeachteter Kostenfaktor. Eine Standardronde aus Kobaltchrom mit 12mm Höhe und 985mm Durchmesser, entspricht in etwa einem Gewicht von 770 Gramm. In der Regel lassen sich durchschnittlich 30 NEM Einheiten pro Ronde fräsen. Eine Einheit wiegt je nach Situation zwischen 2 und 5 Gramm was folglich bedeutet, dass beim abtragenden Verfahren lediglich 10-20% als tatsächlicher Output erzielt werden können. Die verbleibenden 80-90% sind somit Materialverlust („Zerspanung“). Bei diesem Verhältnis wird es schwierig von einer tatsächlich effizienten Produktionslösung zu sprechen.

Was kann man von den Materialien für das Lasersintern zahntechnischer Komponenten erwarten?

Bei INFINIDENT haben wir uns bereits seit dem Jahr 2006 intensiv mit dem Thema der additiven Fertigung von dentalen Restaurationen beschäftigt. Wir setzen dabei seitdem auf Anlagen der EOS GmbH (Electro Optical Systems), Krailing (Deutschland), mit denen wir damals gemeinsam den Prozess entwickelt haben.

Das verwendete Material EOS CobaltChrome SP2 bzw. EOS CobaltChrome RPD setzt sich aus Kobalt-Chrom (CoCr)-Partikeln mit einer maximalen Korngröße von <55µm zusammen. Das verwendete CoCr-Pulver ist als Medizinprodukt der Klasse IIa eingestuft und mit einer CE Kennzeichnung versehen. Bei den Materialien handelt es sich um stark genormte Werkstoffe, deren Eigenschaften dank der optimierten Korngrößenverteilung des Pulvers das homogene Aufschmelzen mit einem Laser garantieren.

Allgemein ist die Materialentwicklung für die additive Fertigung bei Weitem kein Plug-and-play, sondern muss anhand zahlreicher weiterer Parameter akkurat getestet und einjustiert werden, um zum endgültigen gewünschten Resultat zu gelangen. Hier arbeiten wir eng mit dem Hersteller zusammen, um die technologische Weiterentwicklung sicher zu stellen.

Steht die additive Fertigung in Konkurrenz mit Fräsen in Nicht-Edelmetall?

Keineswegs. Allerdings müssen wir hier je nach Indikation unterscheiden. Sprechen wir über die Herstellung von Kronen- und Brückengerüsten stellt die additive Fertigung eine sinnvolle und vor allem kostengünstige Ergänzung unserer Dienstleistung im Bereich 5-Achs-Simultanfräsen dar. Möchte der Zahntechniker allerdings eine sogenannte Vollgusskrone (mit anatomischer Gestaltung) herstellen lassen, die er mit viel Liebe zum Detail in seiner CAD-Software gestaltet hat, würde wir ihm immer zur gefrästen Variante raten. Hier ist die additive Fertigung bauartbedingt in einem leichten Nachteil gegenüber dem „Fräsen aus dem Block“.

Und bei neuen Anwendungsgebieten?

Da sieht das ganze anders aus. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Modellguss. Berücksichtigt man einmal ganz realistisch die erforderliche Maschinenzeit, Kosten für Werkzeuge (Fräser), Material und Personalkosten, erscheint uns das Fräsen einer digital konstruierten Modellgussprothese als weniger rentabel. Hingegen hat die additive Fertigung durch einen spezialisierten Anbieter hier Vorteile aufgrund der Möglichkeit in einem Bauprozess viele Teile auf einmal herzustellen.

Abb.4: Bauplattform mit Modellgussprothesen (Quelle: EOS GmbH)

Gleichzeitig fällt nur der Materialverbrauch an, der tatsächlich in die Struktur und die Haltelemente fließt. Letzter Vorteil ist wieder die Geometriefreiheit des 3D Druck, während subtraktive Verfahren hier in Bezug auf Anstellwinkel oftmals schnell ihre Grenzen erreichen.

Welches Fazit würden Sie ziehen?

Mit der Weiterentwicklung der additiven Fertigung bei INFINIDENT auf neue Anwendungsfelder sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Kunden in der Zahntechnik. Der Zugang zu sonst recht aufwändiger Prozesstechnologie wird hierbei zu attraktiven Preisen sichergestellt. Damit ist das Lasersintern für jeden Zahntechniker zugänglich und bietet attraktive Ansätze bei der Bearbeitung von Kundenaufträgen.

Vielen Dank für das informative Gespräch. Wir freuen uns schon auf den nächsten Teil mit dem Fokus auf den technischen Rahmenbedingungen der additiven Fertigung!

Weiter zu Teil 2: Funktionsweise des Lasersinterns