Kontakt
Modellguss im Wandel: vom konventionellen zum digitalen Arbeiten

Modellguss im Wandel: vom konventionellen zum digitalen Arbeiten

Es gibt sicher keine Zweifel mehr, dass wir davon ausgehen können, dass die Digitalisierung der Zahntechnik immer weiter voranschreitet. Damit erobern CAD/CAM Technologien zunehmend auch Felder, die bislang weitestgehend noch durch konventionelle Techniken geprägt waren. So hat sich nach der etablierten digitalen Planung von Kronen und Brücken sowie von implantatgetragenen Arbeiten auch der sogenannte Klammermodellguss, also die Versorgung von teilbezahnten Kiefern mit prothetischen Produkten, in den Mittelpunkt des Versorgungsbereichs geschoben.

Mit dem inLab Partial Framework Modul, welches von Dentsply Sirona den Nutzern der inLab Software optional angeboten wird, eröffnet die Software dem Dentallabor die Möglichkeit von der traditionellen auf die digitale Fertigung von Teilprothesen umzusteigen und so die damit verbundenen Effizienzvorteile zu ziehen. Dies ermöglicht dem Dentallabor sich leichte Kostenvorteile, aber insbesondere neue Freiheitsgrade, zu erarbeiten. Zudem kann das Labor damit den nächsten Schritt in Richtung „voll digitaler“ Zukunft nehmen.

Abbildung 1: Modelgussprothesen mit Stützstrukturen auf Bauplatte (Quelle: EOS GmbH)

Ausgangssituation

Ganz gleich ob klassisch oder trendig, analog oder digital: Immer noch ist die übliche Basis für den Modellguss das Meistermodell, dem die Abformung des Patientengebisses vorausgegangen ist und zu dem der Gegenbiss im Artikulator gehört. Im Beispiel wurde für den Patienten ein OK-Lückengebiss mit den zu ersetzenden Zähnen 16-17, 14, 22, 24-27 gewählt.

Modellguss konventionell

Beim analogen Modellguss folgt zunächst das Vermessen des Arbeitsmodells mit dem Parallelometer. Dabei werden auch sämtliche konstruktiven Besonderheiten erfasst. Anschließend wird das Ausgangsmodell unterlegt und dubliert und ein Einbettmassenmodell hergestellt. Auf dem Duplikatmodell adaptiert der Zahntechniker Klammern und Retentionen mit allen Verbindungs- und Konstruktionselementen aus Wachs. Die Gusskanäle und der Gusstrichter werden angelegt und alles wird eingebettet. Es folgen das Gießen, Ausbetten und Ausarbeiten sowie die Politur – danach prüft der Zahnarzt bei einer Anprobe das Gerüst auf seinen Sitz beim Patienten. Alles in Ordnung? Dann geht es weiter: Der Zahntechniker vervollständigt das Gerüst mit Prothesenzähnen und Kunststoff und stellt die Prothese fertig.

3D Modellguss: alter Wein in neuen Schläuchen?

Beim digitalen Modellguss führt das inLab 18 Partial Framework Modul durch den Konstruktionsprozess der Modellgussarbeit. Zunächst wird das Meistermodell mit einem geeigneten Laborscanner digitalisiert und in der CAD Software vorbereitet. Das Vermessen und Ausrichten des Modells erfolgt in der Software (Abb. 2). Ebenso wird die Einschubachse in der Software definiert.

Abbildung 2: Einschubachse definieren (Quelle: INFINIDENT Solutions )

Vorhandene Unterschnitte werden entsprechend der Einschubachse automatisch ausgeblockt. Relevante retentive Bereiche können direkt in der Software nachbearbeitet werden.

Bei der nachfolgenden Konstruktion kann eine beliebige Reihenfolge der Designschritte (Abb. 3 bis 5) gewählt werden. Als Elemente stehen die bekannten Basisplatten, Freiendstopper, Retentionsplatten, Klammern usw. zur Verfügung. Gaumenplattenform oder Sublingualbügel werden mit Hilfe von voreingestellten und änderbaren Parametern entworfen. Hierbei ist darauf zu achten, dass Mindeststärken für die Klammern und Platten eingehalten werden sowie alle Elemente ausreichend überlappen.

Abbildung 3: Konstruktion von Platten und Retentionen (Quelle: INFINIDENT Solutions)

Abbildung 4: Konstruktion von Klammern und Klammeraufgängen (Quelle: INFINIDENT Solutions)

Abbildung 5: Konstruktion der Auflagen (Quelle: INFINIDENT Solutions)

Der Arbeitsablauf imitiert stark den manuellen Weg und erlaubt einem geübten Modellgusstechniker einen schnellen und intuitiven Einstieg in die digitale Fertigung. Allerdings erlaubt das neue Modul auch bislang nicht geübten Zahntechnikern einen schnellen Einstieg in die digitale Prothesenherstellung und erweitert damit das eigene Angebotsspektrum.

Abbildung 6: Fertiges Design auf digitalem Modell (Quelle: INFINIDENT Solutions)

Mit ein bisschen Übung ermöglicht eine Modellguss-Software allerdings deutlich umfassendere Möglichkeiten zur Herstellung von Arbeiten, die über reine Klammerprothesen im OK / UK hinausgehen. So sind z.B. auch Retentionsnetze für Totalprothesen (unbezahnte Kiefer), Tertiärkonstruktion zum Verkleben der Sekundärteile (teilbezahnte Kiefer) oder gar Stegreiter als Halteelement bei implantatgetragenen Stegen problemlos umsetzbar.

Digital konstruiert – und jetzt?

Für die Herstellung digital konstruierter Klammerprothesen hat der Techniker jetzt grundsätzlich verschiedene Optionen: Herstellung durch Fräsen, Wachsdrucken (CAD/CAST) oder über den direkten Weg des 3D Druck im Lasersinterverfahren. Während sich das Fräsen direkt in einer Metalllegierung in Abhängigkeit von Material- und Werkzeugeinsatz u.U. als recht teuer darstellt, können im per CAD/CAST hergestellte Prothesen von erfahrenem Zahntechnikern oftmals schneller manuell gewachst, eingebettet und gegossen werden. Hier führt der Weg letztendlich nach dem digitalen Design wieder zurück in den konventionellen Guss-Workflow mit all seinen Nachteilen.

Abbildung 7: Finales Modelgussdesign fertig zum Export (Quelle: INFINIDENT Solutions)

Nachfolgend wurde der Fall als INDIVIDUAL PF über den industrieunabhängigen digitalen Fräsdienstleister INFINIDENT Solutions umgesetzt.

SLM Modellguss – der Herstellungsprozess

Die Teilprothesen werden dabei über den Prozess des Lasersinterns hergestellt. Dies bietet gegenüber dem konventionellen Guss, aber auch dem Wachsdruck oder Fräsen, den Vorteil, dass durch das Fertigungsverfahren ein hoher Grad an Geometriefreiheit für das Design ermöglicht wird. Die benötigten Materialeigenschaften wie z.B. Federelastizität, werden über einen ausgeklügelten und aufwändigen Nachbehandlungsprozess sichergestellt.

Die Datensätze werden über das eigene Webportal an INFINIDENT gesendet (wahlweise im Dentsply Sirona-Format *.pf oder dem offenen *.stl). Dort werden die angelieferten Konstruktionsdaten zunächst geprüft und verarbeitet. Bis zu 30 Modellgussrestaurationen können auf einem sogenannten „mid frame“ Lasersintersystem (EOS M270, Bauplattform 250 x 250mm) in einem durchschnittlich 15 Stunden-Bauprozess gefertigt werden. Dabei ist die virtuelle Positionierung der Bauteile bei der Datenaufbereitung für die finale Passung der Teile wesentlich. Erfahrung bedarf es beim virtuellen Setzen von Supportstrukturen auf den Bauteilen, die zur Vermeidung von Verzug auf der basalen als auch oralen Seite der Basis dienen, um letztendlich eine optimale Passung der lasergesinterten Modellgüsse zu garantieren.

Auch das anschließend notwendige Spannungsfreiglühen der Bauteile sowie die thermische Nachbehandlung zur Duktilitätsgewinnung (Federelastizität) der Klammern spielt eine entscheidende Rolle für die spätere Passung.

Abbildung 8: Modelguss mit Stützstrukturen nach Spannungsfreiglühen (Quelle: EOS GmbH)

Zu guter Letzt werden die Prothesen von den Supportelementen befreit, glanzperlengestrahlt und mit geschlossenen Klammern (Stabilität) an das Dentallabor versendet. Somit kommen die fertigen Produkte nahezu fertig im Labor an und müssen nur noch von Stabilisierungselementen befreit, aufgepasst und hochglanzpoliert werden.

Abbildung 9: Der zentral gefertigte Modellguss (Quelle: INFINIDENT Solutions)

Nach erfolgreicher Anprobe kann mit der Aufstellung und Finalisierung im gewohnten Prozess begonnen werden.

Welche Vorteile hat das Labor durch den digitalen „Modellguss“?

Der digitale Weg der Fertigung ermöglicht eine neue Dimension der Wertschöpfung im zahntechnischen Labor. Effizientes Design ist bereits mit etwas Übung in ca. 15 Minuten erledigt.

Durch den digitalen Fertigungsweg, der dazu noch materialsparend und kostengünstig ist (z.B. kein Duplikatmodell mehr erforderlich, keine ineffizienten Wartezeiten, keine Lagerhaltung etc.) kann heute ein optimiertes Arbeiten gewährleistet werden. Es fallen keine übermodellierten Strukturen mehr an, die durch Anwachsen und Schleifen viel Zeit und Geld im Labor kosten. Viel wichtiger ist aber, dass durch den Zeitgewinn bei Scan und Design sowie der ausgelagerten Fertigung der Restauration die Ressourcen im Labor sinnvoller auf andere, wertschöpfende Tätigkeiten ausgerichtet werden können. So kann eine Reorganisation den Durchsatz im Labor deutlich erhöhen, was am Ende zu mehr Umsatz und erhöhter Wirtschaftlichkeit führen kann.

Und aus wissenschaftlicher Sicht? Eine aktuelle Untersuchung der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, Klinikum der Universität München im Auftrag der EOS GmbH in 2018 durchgeführte Untersuchung[1] zum Thema mechanische Eigenschaften der Klammern von lasergesinterten vs. analog gefertigtem Modellguss konnte zudem signifikante Vorteile hinsichtlich konstanter Klammerabzugskräfte (kein Verlust bzgl. Retention der Klammern), Überlebungsrate (>93% Überlebungsrate bei 60-Jahressimulation vs. >43% Überlebungsrate bei Gruppe GUSS) sowie Homogenität der Gefüge Qualität zugunsten der additiven Herstellung herausarbeiten.

Insbesondere die Gefahr von großvolumigen Lunkern, die beim Guss leider konstant gegeben ist, kann beim Lasersinterverfahren aufgrund der homogenen Gefügeeigenschaften weitgehend vernachlässigt werden. Zwar ist die Anzahl der nachgewiesenen Lunker im additiven Verfahren höher, hier handelt es sich allerdings um rein oberflächliche Mikroporen, die eine rauere Oberfläche mit sich bringen.

Pro rein digitale Herstellung Modellguss (Lasersinterverfahren):

Pro konventionelle Herstellung Modellguss (analoges Gussverfahren):

  • geringere Anzahl an Arbeitsschritten und somit Steigerung der Produktivität
  • Reduktion von Fehlerquellen sowie Gussrisiken (geringe Lunkergefahr)
  • weitgehend homogene Gefügeeigenschaften garantiert
  • konstante Abzugskräfte (Retention) sowie Duktilitätssteigerung der Klammern
  • Hohe Designfreiheit und einfache Korrekturmöglichkeit
  • Reproduzierbarkeit
  • Zeitvorteil durch in-house Fertigung
  • gewohnter analoger Herstellungsprozess
  • geringere Materialkosten pro Einheit

Modellguss – intraoral?

Bindet man jetzt perspektivisch noch den Zahnarzt über die Möglichkeiten der digitalen Abformung und der kostenlosen Anbindung von Dentallabor und Zahnarzt über die für die verschiedenen CAD-Anwendungen etablierten Dentalnetzwerke (hier z.B. Dentsply Sirona Connect) ein, spart man sich nicht nur die Herstellung des Gipsmodells sondern auch die Zeit der Abholung. Ein weiterer Vorteil der digitalen Arbeit ist, dass Korrekturen durch wenige Klicks erledigt sind und die Arbeiten auch nach Jahren noch zur Herstellung einer Ersatzprothese herangezogen werden können.

Somit ist der digitale Modellguss in der Zahntechnik angekommen und wird sich weiter durchsetzen.

Hinweis: Der Artikel ist zuletzt in der Dental Digital 1/2019 erschienen. Eine Druckversion kann hier heruntergeladen werden.

Über INFINIDENT

INFINIDENT – das bedeutet, mit einem Freund zu arbeiten, der liefert wie ein Profi! Wir verfügen über mehr als 15 Jahre Erfahrung in digital gestützter Zahnrestauration und sind damit der zentrale industrie- und laborunabhängige CAD/CAM- Dienstleistungspartner für Praxis- und Dentallabore in Europa. Profitiere von unserer Expertise und freue Dich auf 1A-Service und eine unabhängige Beratung! Durch einen 24h Produktionsprozess erhalten Labore einfach, schnell und kostengünstig Zugang zu industriell gefertigtem Zahnersatz. Mit modernsten CAD/CAM Technologien und validierten Prozessen fertigt die INFINIDENT Solutions GmbH Lösungen für Restaurationen, Arbeitsmodelle, herausnehmbaren Zahnersatz sowie die Versorgung von Implantatarbeiten.

INFINDENT ist validierter „Authorized Milling Partner“ von Ivoclar Vivadent, „Authorized Milling Center“ von VITA Zahnfabrik, „Preferred Partner“ von Dentsply Sirona und zertifiziert nach DIN ISO 13485:2016. Weitere Informationen findest Du unter infinidentsolutions.com.